Maschinenbau: Begriffe und Abgrenzungen
21.09.2014 13:34Begriffe und Abgrenzung des Maschinenbaus
Nachfolgende Definitionen grenzen den Maschinenbau vom Sondermaschinenbau, beziehungsweise artverwandten Branchen, wie dem Anlagenbau, ab und erläutern deren Charakteristika. Kann der Verkäufer beispielsweise einen potenziellen Kunden einer Branche zuordnen, lassen sich in der Regel branchenspezifische Bedürfnisse ermitteln (was will der Kunde?) und bilden die Basis für weitere Aktivitäten.
Maschinenbau
Der Maschinenbau beschäftigt sich mit der Planung, Herstellung und dem Betrieb von Investitionsgütern wie beispielsweise Maschinen und Anlagen. Derartige Produktionsmittel werden in der Regel durch Unternehmen nachgefragt, welche Konsumgüter erzeugen.[14] Vereinzelt werden Investitionsgüter durch Endverbraucher bezogen, welche Produkte selbst erstellen möchten (Drehmaschinen für Hobbytischler, Abfüllanlagen zur Safterzeugung zwecks Eigenbedarfsdeckung aus dem Privatgarten).
Der Leistungsprozess des Maschinenbaus ist charakterisiert durch komplexe, risikoreiche (Investitionsvolumina hoch) meist mehrstufige Beschaffungsprozesse, einen hohen Komplexitätsgrad der Produkte und Abläufe, sowie einer Vielfalt an technischen Lösungsmöglichkeiten und deren rasante technologische Weiterentwicklung. Diese Leistungen und Anforderungen erfordern einen im Vergleich zu anderen Branchen mit standardisierten Produkten (Normteile wie Kugellager) höheren Planungsaufwand und Know-how Einsatz.[15]
Sondermaschinenbau
Der Sondermaschinenbau ist Teil der Maschinenbaubranche. Dieser tendiert zu einer - im Vergleich zum Maschinenbau - intensiveren Fokussierung auf Kundenbedürfnisse, da er sich mit der Entwicklung von Prototypen oder höchst kundenspezifischen Maschinen beschäftigt. Diese sind in Ihrer Funktion und Form selten bis nie als Standardprodukt beziehbar, da deren Entwicklung sich ausschließlich an den Kundenanforderungen und dortigen Rahmenbedingungen orientiert. Aufgrund dieser enormen Spezialisierung sind derartig entwickelte Maschinen nur selten für andere Kunden geeignet. Alle anfallenden Kosten und gewünschte Gewinnmargen müssen zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit somit in den Verkaufspreis dieser einen Transaktion inkludiert werden. Dies führt oftmals zu höheren Anschaffungskosten, als beim herkömmlichen Maschinenbau, welcher beispielsweise die F&E Kosten auf mehrere Maschinen aufteilen und diese ausliefern kann. Aufgrund der meist geringen Verkaufsmengen im Sondermaschinenbau ist die Ausnutzung von Skaleneffekten selten möglich. Ungeplante, nichtkalkulierte Kosten reduzieren den Gewinn. Häufig entstehen Mehrkosten aufgrund von Fehlern, welche behoben werden müssen. Fehler, die nach der Auftragsvergabe auftreten, sind meist die kostenintensivsten, da diese eine Wiederaufnahme vieler Leistungen zur Folge haben können (Neukonstruktion, Neufertigung). Besondere Bedeutung kommt somit der Funktion von Maschinen zu. Die Funktionssicherheit der Maschine ist vorab schwieriger prüf- und vermittelbar, als bei Standardlösungen. Je höher der Individualisierungsgrad der Leistung, desto unvergleichbarer wird diese mit bestehenden Maschinen und Lösungen. Ohne Referenzen und Erfahrungswerten besteht die Gefahr, dass der Kunde das Funktionsrisiko höher einstuft und Absicherungen gegen Ausfälle verlangt. Vertrauensbildende Maßnahmen durch den Vertrieb können kundenseitigen Absicherungsforderungen und damit zusätzlichen Kosten für den Anbieter, entgegenwirken.
Zusammenfassend weist der Sondermaschinenbau im Vergleich zum Maschinenbau einen höheren Individualisierungsgrad, komplexere Leistungserstellungsprozesse und dadurch höhere Risiken auf. Der hohe Komplexitäts- und Individualisierungsgrad des Sondermaschinenbaus bietet Anbietern allerdings die Chance, höhere Margen als im standardisierten Maschinenbau zu realisieren und eventuell lukrative Nischen zu besetzen.
Verkäufer, die in Sondermaschinenbauthematiken aktiv sind, können somit durch Erfahrung in der technischen Umsetzung, schnelle Reaktionen und der Bereitschaft geringe Mengen von Produkten zu liefern, punkten.[16]
Eine noch stärker verwobene Struktur von Leistungen und Prozessen als im Sondermaschinenbau, findet sich im Anlagenbau. Maschinenbauer liefern in der Regel nur Maschinen und somit einen Teilbereich einer Anlage. Daher steht der Anlagenbau nicht im Fokus der vorliegenden Arbeit, wird nachfolgend jedoch behandelt um eine Abgrenzung vom Maschinenbau vornehmen zu können.
Anlagenbau
Eine Maschine ist ein autarkes System mit einer beschreibbaren, zielgerichteten Funktion. Ein Beispiel ist eine Verpackungsmaschine, welche ein Produkt verpackt. Der Fertigungs- läuft dem Absatzprozess voraus, sofern es standardisierte oder modular aufgebaute Produkte sind. Eine Anlage ist ein System, welches mehrere Teilsysteme verbindet, die zur Erstellung eines Produkts benötigt werden. Anlagen erfüllen ganzheitliche Produktionsprozesse, wie beispielsweise die Herstellung einer für den Lebensmittelhandel geeigneten Schokolade. Beginnend mit der Schokoladenrohmassen-Herstellung (Transport vom Silo zum Schmelzofen), über die Formgebung (Einfüllen der Schokolade in Formen), dem Abkühlen und Prüfen, bis hin zum Verpacken (Verpackungsmaschine) werden alle notwendigen Produktionsschritte und dafür verwendeten Maschinen verknüpft. Der Kaufprozess ist in sich abgeschlossen und der Absatz- läuft dem Fertigungsprozess voraus. [17] Je komplexer das Produkt und/oder das Herstellungsverfahren ist, umso wahrscheinlicher müssen mehrere Einzelmaschinen zu einer Anlage zusammengesetzt werden. In bestimmten Fällen genügt jedoch eine Einzelmaschine zur Produkterstellung, beispielsweise eine Spritzgussmaschine zur Erzeugung von Kunststoffbehältern.
Der Maschinenbau wurde vom Sondermaschinen- und Anlagenbau abgegrenzt, um branchenspezifische Bedürfnisse zu erfassen. Um Produkte und Leistungen des Maschinenbaus erfolgreich verkaufen zu können, ist eine weitere Differenzierung möglicher Geschäfts- und Verkaufsarten empfehlenswert. Der Verkäufer kann sich hierdurch zusätzlich zu den Branchenbedürfnissen auf Besonderheiten im Geschäftsablauf vorbereiten und seine Erfolgschancen steigern, wie nachfolgend erläutert.