Kundensegmentierung
14.09.2014 20:19Kundenplanung
Bei der Kundenplanung werden die Erkenntnisse der Marktplanung und erfolgter Marktsegmentierung auf die Kundenebene transferiert. Nach dem Knappheitsprinzip stehen nie ausreichende Ressourcen zur gleichzeitigen, perfekten Bearbeitung aller Kunden zur Verfügung.[1] Daher sollten nur die attraktivsten Kunden bearbeitet werden.[2] Eine bewährte Methode zur Findung jener Kundengruppen ist die Bildung von Kundensegmenten. Ähnlich der Marktsegmentierung werden Kriterien zur Bildung und Bewertung homogener Kundensegmente definiert und Segmente gebildet. Innerhalb der so erhaltenen Segmente erfolgt eine weitere Bewertung und Reihung der Kunden entsprechend Ihrem Kundenwert aus Anbietersicht. Mögliche Instrumente zur Durchführung der Kundensegmentierung und Kundenbewertung werden nachfolgend beschrieben.
Kundensegmentierung
Die Kundensegmentierung dient zur Identifikation von Kundengruppen mit ähnlichen Bedürfnissen, um diese effizient bearbeiten zu können.[3] . Nach der Definition der Segmentierungskriterien können aus den Marktsegmenten – z.B. mittels Cluster-Analyse - entsprechende Kundensegmente gebildet werden. Bei der Marktsegmentierung gilt es Kunden mit ähnlichen Bedürfnissen und Verhalten zu Gruppen zusammenzufassen. In der Kundensegmentierung wird dieser Prozess auf einer detaillierteren Ebene fortgeführt. Zusätzlich zu demographischen, leistungsbezogenen und situativen Faktoren, werden Beschaffungskonzepte des Kunden und personenbezogene Eigenschaften berücksichtigt.[4] Mögliche Informationsquellen sind bestehende Kundendatenbanken, Branchenzeitschriften, Referenzen der Mitbewerber, Branchenverzeichnisse, Besuch von Messen und Analyse von Messekatalogen, als auch der direkte Kundenkontakt. Ein illustrierendes Beispiel wäre eine Kundengruppe eines Marktsegments, die sehr großen Wert auf Qualität legt und im Zuge einer Befragung sehr hohe Skalenwerte dem Merkmal zuordnet. Im Gegensatz zu Kunden (im selben Marktsegment), welche das Qualitätsmerkmal gering bewerten, entsteht somit eine Distanz, die statistisch erfassbar und abgrenzbar ist[5]. Hierdurch werden Gruppenunterschiede innerhalb eines Segments sichtbar, worauf der Vertrieb durch individuelle Betreuung reagieren kann, um seine Erfolgswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Zur Überprüfung der Ergebnisse kann die Diskriminanzanalyse herangezogen werden. Sie untersucht, inwieweit bestimmte Variable zur Unterscheidung zwischen den Gruppen beitragen.[6] Beispiele für Kundensegmentierungskriterien werden in nachfolgender Tabelle zusammengefasst.
Demografische Variablen |
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Branchen |
Auf welche Branchen, die unser Produkt benötigen, sollten wir uns konzentrieren? |
Unternehmensgröße |
Auf Unternehmen welcher Größe sollten wir uns konzentrieren? |
Verkaufsgebiet |
Auf welche geografischen Gebiete sollten wir uns konzentrieren? |
Leistungsbezogene Variablen |
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Technologie |
Auf welche Kundentechnologien sollten wir uns konzentrieren? |
Anwenderstatus |
Sollten wir uns auf starke, mittlere, oder schwache Verwender oder Nichtverwender konzentrieren? |
Kundenkompetenz |
Auf Kunden konzentrieren, welche viele Dienstleistungen benötigen, oder auf weitgehend produktorientierte, welche Auswahl, Berechnung und andere Dienstleistungen selbst bewerkstelligen können? |
Beschaffungskonzepte des Kunden |
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Organisationsform der Beschaffungsfunktion |
Konzentration auf Unternehmen mit zentralisierten oder dezentralisierten Beschaffungsprozessen? |
Machtstruktur |
Auf welche Zielgruppe beim Kunden konzentrieren? Einkauf, Technik, Instandhaltung? Anwender oder Entscheider (falls nicht ident)? |
Bestehende Beziehungen |
Konzentration auf bekannte Kunden mit existierenden Netzwerken oder Ansprache attraktiver Kunden unabhängig vom Beziehungsstatus? |
Allgemeine Beschaffungspolitik |
Produktgeschäft, Zuliefergeschäft, Systemgeschäft und deren Varianten: Leasing, Wartungsverträge, Ausschreibungen, Kanban. |
Kaufkriterien |
Analyse der Kunden hinsichtlich Ihrer Kaufkriterien. Konzentration auf jene, welche wir bestmöglich erfüllen können (Wettbewerbsvorteil - Positionierung) |
Situationsbedingte Faktoren |
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Dringlichkeit |
Konzentration auf Unternehmen mit kurzfristigem, schnellen Lieferbedarf oder Orientierung an langfristigen, planbaren Beschaffungsstrategien? |
Spezifische Produktanwendungen |
Auf alle möglichen Produktanwendungen konzentrieren, oder Fokussierung einiger spezifischer Anwendungen? |
Auftragsumfang |
Definition minimaler und maximaler Auftragsumfänge. |
Personengebundene Eigenschaften |
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Ähnlichkeit zwischen Käufer und Verkäufer |
Konzentration auf Kunden mit ähnlich qualifizierten Mitarbeitern und Wertvorstellungen oder Diversifikation? |
Risikobereitschaft |
Risikofreudige oder risikoscheue Kunden priorisieren? |
Lieferantentreue |
Lieferantentreue, oder wechselbereite Kunden bevorzugen? |
Tabelle 12: Beispiele für Kunden-Segmentierungskriterien industrieller Märkte[7]
Zur Verdeutlichung der Clusteranalyse im Rahmen der Kundensegmentierung wird das Beispiel aus der Marktsegmentierung fortgeführt. Nach der Marktsegmentierung wurde das Segment „Produzierende Industrie“ als bearbeitungswürdig befunden. Im Zuge einer Kundensegmentierung anhand zuvor dargestellter Kriterien, wurden folgende Gruppen innerhalb des Segments gefunden, welche mit den Leistungen des Anbieterunternehmens versorgt werden können: Lebensmittelproduktion, Glasproduktion, Textilproduktion und Metallproduktion. Die Lebensmittelproduktion weist neben hohem Interesse an Systemgeschäften, dem größten Absatzpotenzial und einem starken Wachstumspotenzial, auch noch eine überdurchschnittliche Kaufkraft auf. Somit ist dieses Segment allen anderen Kundensegmenten hinsichtlich Potenzial und Absatzchancen überlegen. Der nächste Schritt wäre eine Kundenbewertung, um operative Schritte durch den Vertrieb einleiten zu können (z.B.: Kontaktanbahnung), wie im Folgekapitel beschrieben.[8]
---> siehe bitte Publikationen für detailliertere Angaben
Abbildung 13: Grafische Auswertung Clusteranalyse - Kundensegmente[9]
Analog zur Auswahl attraktiver Marktsegmente kann bei der Priorisierung der Kundensegmente neben der Clusteranalyse auch die BCG- und McKinsey Portfolio Matrix angewandt werden.[10] Wurde ein Segment zur Bearbeitung ins Auge gefasst, gilt es im Rahmen der nachfolgend beschriebenen Kundenbewertung weitere Planungs- und Auswahlschritte zu tätigen. Am Beispiel des Maschinenbauers mit Zielmarktsegment „Produzierende Industrie“ und dem Kundensegment „Lebensmittelproduktion“ wäre der nächste Schritt, die attraktivsten Kunden im Segment Lebensmittelproduktion zu identifizieren.[11] Hierzu müssen die aus dem Marktprofil und der Marktsegmentierung gefundenen Kunden bewertet und in eine Rangreihenfolge gebracht werden, wie unter dem Kapitel Kundenbewertung beschrieben.
[1] Vgl. Winkelmann (2008): S.317
[2] Vgl. Vgl. Dahringer L. / Leihs H. / Mühlbacher H. (2006): S. 232
[3] Vgl. Winkelmann (2008): S.338
[4] Vgl. Hellwig/Hofbauer (2009): S. 130
[5] Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke/Weiber (2008): S. 392 f.
[6] Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke/Weiber (2008): S.389 ff.
[7] Vgl. Bonoma/Shapiro (1983): S. 157
[8] Vgl. Diller/Haas/Ivens (2005): S. 118
[9] Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke/Weiber (2008): S.427
[10] Vgl. Hellwig / Hofbauer (2009): S. 133
[11] Vgl. Diller/Haas/Ivens (2005): S. 126
[12] Vgl. Hellwig/Hofbauer (2009): S. 131
[13] Vgl. Hellwig/Hofbauer (2009): S. 141
[14] Vgl. Behle C. / Detroy E.N./ Renate vom Hofe (2007): S. 35
[15] Vgl. Motzelt (2008): Key Account Management auf internationalen Märkten, S. 15
[16] Vgl. Bamberger/Bullinger/König (2003) S. 51
[17] Vgl. Hellwig/Hofbauer (2009): S.130 ff.
[18] Vgl. Winkelmann (2008): S. 27
[19] Vgl. Behle C. / Detroy E.N./ Renate vom Hofe (2007): S. 718
[20] Vgl. Hofbauer/Hellwig (2009): S. 150 ff.
[21] Vgl. Winkelmann (2008): S. 401
[22] Vgl. Behle C. / Detroy E.N./ Renate vom Hofe (2007): S. 408
[23] Vgl. Winkelmann (2008): S. 401
[24] Vgl. Kuhlmann (2001): S. 197
[25] Vgl. Albers (2002): S. 15