Auftrags- & Reklamationsmanagement / Neuverkauf

14.09.2014 20:36

Unter „Alfter-Sales-Phasen“  werden alle Aktivitäten nach einem getätigten Verkauf zusammengefasst, die dem Aufbau einer nachhaltigen Kundenbeziehung, daraus resultierenden Bindung des Kunden, sowie Weiterempfehlung an weitere Bedarfsträger dienen.[1] Dieser Prozess beginnt mit dem Auftragsmanagement, das  die Fertigstellung von Leistungen, deren Lieferung, Inbetriebnahme, bis zur Behandlung eventuell auftretender Reklamationen umfasst. Der After-Sales-Prozess für einen Geschäftsabschluss endet mit der vollständigen Abnahme und Zahlung der Leistung durch den Kunden. Die Betreuung durch den Vertrieb erfolgt weiterhin, sofern der Kunde weiteres Potenzial bietet. Ziel ist es, die Leistungserstellung laut den Vertragsbedingungen zu erfüllen und durch unkompliziertes, verlässliches Verhalten, als auch laufende Betreuung die Kundenzufriedenheit zu steigern und einen Wiederkauf anzubahnen.

 

Auftragsmanagement

Das Auftragsmanagement soll die bestellte Leistung dem Kunden termin- und kostengerecht zur Verfügung stellen. Hierzu zählt die Lieferung der richtigen Güter in benötigter Menge, zum richtigen Ort, innerhalb eines vorgeschriebenen Zeitraums und geforderter Qualität.[2] Um dies zu gewährleisten, gilt es ein Team zusammenzustellen, Kompetenzen zu verteilen, sodass die Leistungserstellung geplant und umgesetzt wird.[3]

 

Im Produktgeschäft kann aufgrund des hohen Standardisierungsgrades    ein Vertriebsmitarbeiter das Auftragsmanagement mittels Auftragsabwicklungs-, Warenwirtschafts- und Fakturierungssystemen abwickeln.[4] Im Zuliefer- und Systemgeschäft steigen der Komplexitätsgrad und damit der Abstimmungsbedarf zwischen den Akteuren. Mögliche Zusatzleistungen am Beispiel eines Maschinenverkaufs sind der Versand, die Montage vor Ort, Einschulung der Mitarbeiter des Kunden, sowie die Inbetriebnahme und Überwachung/Wartung. Für jede Teilleistung sollte ein Mitarbeiter die Verantwortung und Koordination mit anderen Teilleistungen übernehmen, um den Prozess reibungsfrei zu gestalten.

 

Große Investitionsplanungen, oder Instandhaltungen, können nach Verteilung von Kompetenzen, beispielsweise mittels der Methode des kritischen Pfades, geplant und überwacht werden. Diese stellt eine spezielle Netzplantechnik dar, welche die spätmöglichsten Anfangs- und Endzeitpunkte bestimmt, die zur vertragskonformen Leistungserstellung einzuhalten sind.[5] Des Weiteren wird die Erstellung von Kontaktberichten empfohlen, welche alle Beteiligten über Aktivitäten beim Kunden und dessen Reaktionen informieren. Diese dienen als Dokumentation der Leistungsfortschritte und erleichtern die laufende Betreuung, Nachbetreuung bei Folgegeschäften, sowie die Einarbeitung neuer, für den Kunden verantwortliche, Mitarbeiter.

 

Die kundenseitige Abnahme und vollständige Zahlungsleistung (im Falle von Anzahlungen), gefolgt von der Auftragsanalyse (wie erfolgreich wurde der Auftrag durchgeführt? Gewinn? Kosten? Kundenzufriedenheit?) beendet den After-Sales-Prozess, welcher in nachfolgender Abbildung schematisch dargestellt wird.


Abbildung 16: Ablauf des Auftragsmanagements[6]


 

 

Die Vertriebsmannschaft begleitet den After-Sales-Prozess und sollte dem Kunden regelmäßig über den Fortschritt der Leistungserstellung informieren, sowie diesen (z.B. anhand des kritischen Pfads) überwachen, um bei Abweichungen steuernd einzugreifen. Häufig bestehen beim Kunden Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Wahl eines Lieferanten, vor allem bei Kenntnis anderer Alternativen.[7] Die Vermeidung dieser sogenannten kognitiven Dissonanzen ist eine der wichtigsten Vertriebsaktivitäten, um die Kundenzufriedenheit zu erhalten und einen Wiederkauf zu fördern.[8] Hierdurch können Folgeaufträge bei wachsendem Vertrauen und geringerem Informationsbedarf (aufgrund gemachter Erfahrungen) zu geringeren Transaktionskosten durchgeführt werden.[9]

Bei idealer Ausführung aller bisher angeführten Pre-Sales und After-Sales Aktivitäten wären die Kunden exakt qualifiziert, Ihre Anforderungen und Potenziale bekannt, wodurch das Leistungsangebot optimal abgestimmt wäre. Nach der Auftragserteilung würde die Abwicklung entsprechend den getroffenen Vorbereitungen (Planung Kapazitäten, Beschaffung, Fertigung, Versand, Aufbau, Inbetriebnahme, Nachbetreuung)  erfolgen und die Kundenzufriedenheit steigen. Der Vertrieb betreut den Kunden weiterhin, um Folgeanfragen zu erhalten, welche auf gleichem Prozessweg (Pre-Sales-Phasen) zu einem Folgeauftrag führen und im Zuge der After Sales Aktivitäten abgewickelt werden.

Treten in diesen Prozessen Fehler auf, kann es zu Reklamationen durch den Kunden kommen, welche je nach Situation und Handhabung zu einer Fortführung, oder Beendigung der Geschäftsbeziehung führen können. Entsprechend Ihrer Bedeutung in der Praxis werden Sie daher nachfolgend detaillierter behandelt.

 

Reklamationen und Neuverkauf

Reklamation und Neuverkauf in einen Kapitelpunkt zu verknüpfen, wirkt auf den ersten Blick eventuell befremdend, doch nach dem Kauf ist vor dem Verkauf. Somit hat die Reklamationsbearbeitung, falls ein Reklamationsfall eintritt, einen besonderen Stellenwert, da Sie den Weg zu Folgegeschäften ebnen, oder verbauen kann.[10] Mögliche Beschwerdeanlässe sind häufig:

  • Preisbeschwerden
  • Produktverwechselung
  • Kundenfehlbestellung
  • Fertigungsmängel
  • Verpackungsmängel
  • Lieferverzögerungen   

Aus diesen ergeben sich mögliche Kundenreaktionen, welche je nach Anlass unterschiedliche Ausprägungen annehmen können:  [11]

  • Beendigung der Zusammenarbeit
  • Zur Konkurrenz wechseln
  • Rechtliche Schritte (Pönalen)
  • Öffentlichkeitswirksame Medien kontaktieren
  • Rechnung mindern, oder Zahlung verweigern

 

Eine Möglichkeit mit den angegebenen Reaktionen umzugehen, wäre folgende Gesprächseröffnung und Weiterführung: „Ich hoffe, dass es nicht so weit kommen muss. Ich spreche sofort mit allen Beteiligten und finde umgehend eine Lösung. Wo kann ich Sie innerhalb der nächsten 10 Minuten erreichen?“ Bei negativen Gesprächsausgängen ist aus Sicht des Anbieters die beste Alternative, das Gespräch positiv gestimmt zu beenden und einen Anknüpfungspunkt für zukünftige Rückgewinnungsprogramme zu schaffen: „Ich bedaure sehr, dass es so weit gekommen ist. Dennoch, Herr Kunde, möchte ich Ihnen Folgendes anbieten: Sollten Sie zu diesen, oder artverwandten Themen zukünftig Fragen haben, können Sie mich jederzeit kontaktieren, ich helfe Ihnen gerne weiter.“

 

Eine empfehlenswerte Vorgehensweise ist, die Reklamation mit einer optimistischen, positiven Einstellung entgegenzunehmen. Die Körpersprache und der Tonfall passen sich unseren Emotionen häufig an (Bebende Stimme bei Wut, verfärben des Gesichts usw.). Daher empfiehlt es sich, die Gesprächseröffnung freundlich zu gestalten, beispielsweise mit den Worten: „Danke, dass Sie mit dieser Situation auf mich zukommen. Ich bin sicher,        gemeinsam finden wir eine für Sie passende Lösung. Bitte beschreiben Sie mir den bisherigen Verlauf.“ Dies löst Zuversicht und Vertrauen beim Kunden aus, kognitive Dissonanzen werden verringert. [12]       

Im Zuge des Gesprächs sollte der Verkäufer dem Kunden aktiv zuhören und ihn nicht unterbrechen. Der Kunde baut aufgestaute Emotionen ab, wodurch im Anschluss ein angenehmeres, konstruktiveres Gesprächsklima geschaffen werden kann. In dieser Phase ist es entscheidend, keine Belehrungen oder Behauptungen einzubringen, die als Beeinflussung gewertet werden und negativ auf die Gesprächsatmosphäre wirken könnten.

 

Die Ist-Situation mittels Checkliste aufzunehmen, um nichts zu vergessen, hat den Vorteil, dass alle wichtigen Daten zur Reklamationsbearbeitung im Gesprächsanschluss zur Verfügung stehen. Der Verkäufer kann sich verstärkt auf den Kunden konzentrieren. Körpersprache, Intonation, sowie Wortwahl helfen erfahrenen Verkäufern, Reaktionen des Kunden auf Vorschläge vorab zu erahnen und die weitere Vorgehensweise situationsgerecht anzupassen. Eine Checkliste ist insbesondere empfehlenswert, da ausgeklügelte Formulierungen eine große Chance bergen, die gewünschte Wirkung durch das Gesagte zu erzielen, beziehungsweise unerwünschte Reaktionen in heiklen Gesprächen zu vermeiden. Dies beinhaltet auch, im richtigen Moment dem Kunden zu signalisieren, dass man sein Problem verstanden hat und sich dessen umgehend annimmt: „Ich verstehe Ihr Kapazitätsproblem, das sich aus dem Lieferverzug und damit dem Maschinenausfall ergibt. Ich kümmere mich umgehend um eine Lösung und melde mich in spätestens 1 Stunde bei Ihnen.“  Falls der Verkäufer das Gefühl entwickelt, dass kundenseitig stumme Vorbehalte existieren, gilt es diese vor der Reklamationsprüfung aktiv ansprechen, sodass auch diese gelöst werden können.[13]                 

                                      

Reklamation prüfen:

Nach der Reklamationsaufnahme gilt es diese zu prüfen, häufig anhand folgender Kriterien:

  • Ist die Reklamation inhaltlich berechtigt, oder unberechtigt?
  • Welche Machtverhältnisse bestehen? Wer bestimmt was als nächstes passiert?
  • Wer ist kundenseitig eher bereit einen Kompromiss einzugehen?
  • Aus diesen Überlegungen können Vorgehensweisen entwickelt und eine Lösung offeriert werden.

                      

Lösung anbieten:

Bei der Vorstellung einer Lösung (im Falle einer berechtigten Reklamation) zur Herstellung der Leistung, wie sie der Kunde gekauft hat, sollten die entstandenen Aufwände auf beiden Seiten beachtet werden. Kundenseitig existieren meist ein Problem und zusätzliche, ungeplante Aufwände. Dem Lieferanten entstehen je nach Reklamationsgrund ebenfalls unerwartete Kosten. Beide Situationen sind unangenehm und der Verkäufer sollte eine für beide Seiten schonende Lösung finden. Damit der Kunde einen Vorschlag akzeptieren kann, ist es wichtig den Wert der gewählten Maßnahme aus Sicht des Kunden zu betonen.[14] Der Kundennutzen sollte in den Vordergrund gestellt werden. Beispielsweise könnte bei einem Fertigungsmangel und daraus resultierenden Lieferverzug bis zur Nachsendung der Anbieter offerieren, nachgelagerte Arbeiten an einer Maschine für den Kunden zu übernehmen und dessen Kapazitäten zu unterstützen. Weiters übernimmt er durch die Zusatzaufgaben die Verantwortung an der betreffenden Schnittstelle – eine kostenfreie Garantieleistung. Im Gegenzug entfällt die vertraglich vereinbarte Pönale, welche höhere Kosten verursachen würde als die Wiedergutmachungsaktivitäten. Wird dem Kunden nicht vermittelt, dass er durch die Nacharbeit des Lieferanten eine Besserstellung genießt (in diesem Fall Garantie für Schnittstellenproblematik) wird die Akzeptanz möglicherweise gering ausfallen und eine Lösung erschweren. Eine Möglichkeit dies zu vermeiden ist die Drastifizierung. Der Verkäufer bietet 2 Alternativen an, wobei die erstgebotene weitaus geringeren Nutzen bietet, als die zweitgenannte Alternative. Der Kunde hat somit eine Wahlmöglichkeit und durch Vergleich der beiden Handlungsoptionen und deren Nutzen erkennt er den Mehrwert der besseren Alternative.

 

Nachfassen:

Nach einer erfolgreichen Einigung auf eine Reklamationsabwicklung und Durchführung dieser, ist es empfehlenswert, den Kunden nochmals zu kontaktieren. Ziel ist die Negativeindrücke endgültig auszuräumen. Eine mögliche Vorgehensweise hierfür wird nachfolgend erläutert:   

 

  • Eine Reklamation positiv beenden, durch Optimierungsvorschläge: „Sehr geehrter Herr Kunde, ich habe mir Gedanken gemacht, wie die aktuellen Geschehnisse zukünftig vermieden werden können.“
  • Dieses Engagement ist eine gute Möglichkeit nochmals in Kontakt zu treten und die Kundenbindung zu verstärken
  • Erhaltenes Kundenlob verdrängt die negativen Aspekte der Reklamation in den Hintergrund. In Erinnerung bleibt ein engagierter Verkäufer, auf welchen im Ernstfall Verlass ist.
  • Dies begünstigt ein sanfteres Reklamationsverhalten in Zukunft. Der Kunde hat eine kritische Situation bereits einmal durchlebt und kennt das Prozedere und fühlte sich in Anbetracht der Umstände gut betreut. (sofern korrekte Abwicklung erfolgte und Kundenwert vermittelt wurde).
  • Durch die Nachfassmethode kann ein Verkäufer eventuell das Bestellverhalten beeinflussen. Seine Lösungsvorschläge zur Vermeidung derartiger Probleme bieten Raum für Veränderungen in der Abwicklung (Bestellmengen, Bestellrhythmus, Bestellprozedere).
  • Weiterempfehlungen und Zusatzverkäufe können durch Nachfassen erzielt werden, beispielsweise mittels folgender Gesprächseröffnung: „Waren Sie mit meiner Vorgangsweise und mir zufrieden?“ Haben Sie Tipps wie ich zukünftig noch besser werden kann? Gab es Punkte die aus Ihrer Sicht auch für andere interessant sind? An wen denken Sie konkret? Würden Sie mich dieser Person weiterempfehlen?“

 

 

Zusatzverkauf:        

Nach der Reklamation ist vor dem Verkaufsgespräch.  Nach einem positivem Kunden-Feedback zur Reklamationsabhandlung ist eine Gesprächseröffnung für Zusatzverkäufe beispielsweise wie folgt möglich: “Schön, dass wir diese Angelegenheit zu Ihrer Zufriedenheit regeln konnten. Das freut mich sehr, vor allem da ich noch weitere erfolgversprechende Ideen zu den Themen... habe. Ich würde diesbezüglich gerne einen Termin nächste Woche vereinbaren, wäre Ihnen Mittwoch 09:00 Uhr recht?“.

 

Von der Aufnahme einer Reklamation bis zum Zusatzverkauf wurde ein Auszug an Möglichkeiten zur Abwicklung dieser gegeben. Oberstes Ziel sollte die Stabilisierung und Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung sein. Während nach dem Pre-Sales-Prozess die Leistungslieferung und Nachbetreuung im After-Sales-Prozess häufig der letzte operative Schritt im Verkaufsprozess ist, gibt es noch einen weiteren, bedeutenden, parallel laufenden Prozess – das Vertriebscontrolling.

 


[1] Vgl. Hogenschurz / Keuper (2008): S.31

[2] Vgl. Ehrmann (1999): S. 344

[3] Vgl. Hansen (1995): S. 4 ff.

[4] Vgl. Winkelmann (2000): S. 283

[5] Vgl. : Bohinc (2010): S.76

[6] Vgl. Hellwig / Hofbauer (2009): S. 279

[7] Vgl. Fließ (2000): S. 305

[8] Vgl. Kuhlmann (2001): S. 279 f.

[9] Vgl. Kuhlmann (2001): S. 283

[10] Vgl. Rentzsch (1999): S. 58 f.

[11] Stempfle D., Stempfle L. . Zartmann R. (2009): S.145 f.

[12] Stempfle D., Stempfle L. . Zartmann R. (2009): S.77.ff.

[13] Stempfle D., Stempfle L. . Zartmann R. (2009): S.93

[14] Stempfle D., Stempfle L. . Zartmann R. (2009): S.86